Die Diskussionen über Integration, die derzeit in Neudörfl – auf unterschiedlichen Niveaus – geführt werden, haben mich an zwei sehr persönliche Erlebnisse erinnert, die mich, wenn ich so zurückdenke, sehr geprägt haben.

1. Meine Mutter war Englischlehrerin in der Hauptschule Lichtenwörth. Dort hatte sie auch einige türkischstämmige Schülerinnen, und sie bemühte sich sehr, ihnen die zusätzliche Fremdsprache näherzubringen, stellte zum Beispiel die Vokabellisten auf Deutsch, Englisch und Türkisch zusammen. Unsere ganze Familie lernte dabei auch die Gastfreundschaft der Eltern kennen, die für ihren Einsatz sehr dankbar waren. Eines Tages sagte der Direktor zu ihr: „Warum tuan Sie si des überhaupt an für de Tschuschn?“ Worauf sie empört sagte: „Dieses Wort existiert nicht in meinem Wortschatz“, sich umdrehte und ihn verdattert stehen ließ. Unsere Familie war sehr stolz…
2. Als Jugendliche besuchte ich sonntags immer die Messe im Neukloster, wo ich auch gefirmt wurde. An die Messe schloss eine Jugendvesper in der Waldschule an. Beim ersten Besuch dort war unsere Gruppe etwas gehemmt – wir waren unsicher, wie wir mit den behinderten Jugendlichen umgehen sollten, und wussten auch nicht so recht, wie wir ein Gespräch in Gang kriegen sollten. Plötzlich sagte ein Bursch im Rollstuhl: „Habt’s ihr den Krimi gestern im Fernsehen g’sehen? Na, des war vielleicht a Bledsinn“. Alle lachten, und das Eis war gebrochen. Bei den nächsten Besuchen hatten wir keine Berührungsängste mehr, und die gemeinsamen Jugendvespern waren ab diesem Zeitpunkt „Pflichttermine“.

Was habe ich daraus gelernt? Wahrscheinlich, dass man dem „Anderen“, dem „Fremden“ offen gegenübertreten muss, um zu erkennen, dass es oft gar nicht so „anders“, so „fremd“ ist, und selbst wenn, dass man daraus auch etwas Wertvolles lernen kann. Dass das immer leicht ist und immer funktioniert, wage ich nicht zu behaupten, aber einen Versuch – beider Seiten – ist es doch wert, davon bin ich überzeugt!